Die Vögel der Faröer Inseln: Ein faszinierendes Kapitel der Naturgeschichte
Die Faröer Inseln, ein abgelegener Archipel im Nordatlantik, sind nicht nur für ihre dramatische Landschaft und reiche Geschichte bekannt, sondern auch für ihre vielfältige Vogelwelt. Einer der bemerkenswertesten Vögel, die diese Inseln ihr Zuhause nennen, ist der Rabe – insbesondere der Nordatlantische Rabe, Corvus corax varius. Dieser majestätische Vogel spielt eine zentrale Rolle in der Kultur und Geschichte der Inseln und ist eng mit den nordischen Mythen und Legenden verknüpft.
Der Nordatlantische Rabe: Wächter der Inseln
Der Nordatlantische Rabe ist auf den Faröer Inseln allgegenwärtig. Mit einer Flügelspannweite von bis zu 125 cm und seinem charakteristischen krächzenden Ruf kann man ihn oft über die steilen Klippen und zerklüfteten Küsten der Inseln gleiten sehen. Seine tiefschwarzen Federn schimmern manchmal in einem bläulich-grünen Ton, was ihn noch imposanter erscheinen lässt.
Historisch gesehen wurde der Rabe auf den Faröer Inseln eher als Schädling betrachtet. Es gab sogar ein Gesetz, das jeden Mann zwischen 15 und 50 Jahren verpflichtete, jährlich mindestens einen Rabenschnabel als Beweis für die Jagd auf diese Vögel abzuliefern. Obwohl dieses Gesetz heute nicht mehr in Kraft ist, zeugt es von der früheren Haltung gegenüber dem Raben, der oft als Aasfresser und Bedrohung für das Vieh angesehen wurde.
Doch trotz dieser einst feindlichen Haltung hat der Rabe auf den Faröern überlebt und ist weiterhin ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems. Er nistet an unzugänglichen Klippen und legt bereits im Februar seine Eier ab, die dann im April schlüpfen. Einmal gepaart, verteidigen die Raben ihr Territorium vehement gegen Eindringlinge, was zu ihrem Fortbestehen in dieser abgeschiedenen Region beiträgt.
Die Legende des Weißgesprenkelten Raben
Eine der faszinierendsten Geschichten über die Vogelwelt der Faröer ist die des Weißgesprenkelten Raben (Corvus corax varius Brünnich), einer seltenen und inzwischen ausgestorbenen Variation des Nordatlantischen Raben. Diese Vögel waren überwiegend schwarz, doch sie wiesen markante weiße Flecken auf, die sie einzigartig machten. Ihr Erscheinungsbild war so außergewöhnlich, dass sie schnell zu begehrten Sammlerstücken wurden.
Es wird angenommen, dass diese besondere Variation des Raben seit dem Mittelalter auf den Faröern existierte. Dennoch führte die Jagd auf diese seltenen Vögel, deren Felle an Sammler verkauft wurden, letztlich zu ihrem Aussterben. Die letzten Sichtungen des Weißgesprenkelten Raben wurden in den 1940er Jahren berichtet, und heute existieren nur noch wenige präparierte Exemplare in Museen rund um die Welt, darunter in Kopenhagen, New York und Uppsala.
Die Bedeutung des Raben in der Kultur der Faröer
Der Rabe ist mehr als nur ein Vogel auf den Faröer Inseln; er ist ein Symbol für die ungezähmte Natur und die tiefe Verbundenheit der Inselbewohner mit ihrer Umgebung. In der nordischen Mythologie spielt der Rabe eine zentrale Rolle als Begleiter Odins, des höchsten Gottes, und auch auf den Faröern ist er tief in der Kultur verwurzelt.
Die Geschichten und Legenden rund um den Raben, insbesondere die tragische Geschichte des Weißgesprenkelten Raben, erinnern uns daran, wie empfindlich die Balance zwischen Mensch und Natur sein kann. Sie mahnen uns, die Bedeutung der Erhaltung der natürlichen Welt zu erkennen und zu schätzen, bevor es zu spät ist.
Fazit
Die Vögel der Faröer Inseln, und insbesondere der Nordatlantische Rabe, sind ein faszinierendes Kapitel der Naturgeschichte dieser abgelegenen Inseln. Ihre Geschichten, ihre Mythen und ihre Bedeutung für die lokale Kultur machen sie zu einem unverzichtbaren Bestandteil des faröischen Erbes. Der Rabe, einst verfolgt und missverstanden, hat sich seinen Platz in den Herzen der Menschen und in der Natur dieser wilden und wunderschönen Inseln verdient.
Quelle: Tjóðsavnið (Faroe Islands National Museum), Besuch am 21.08.2024